Volksfronten

Our Little Fascisms

Interviews und Diskussionen

Orpheum, Photo: Clara Wildberger
Orpheum, Photo: Clara Wildberger

Die Erfolge der Rechtspopulisten sind mehr als bloß die sprichwörtliche „Rückkehr des Verdrängten“. Das Fehlen einer starken Linken verändert die Politik in gleichem Maße wie der vermeintliche Mangel an Alternativen, der vom politischen Zentrum ausgeht. Die Grauzone des Populismus ermöglicht ganz unterschiedliche Formen von Kreuzungen. In einem solchen postsozialistischen und postdemokratischen Raum gibt es unzählige neue Mischformen: Aneignungen „progressiver“ kultureller oder aktivistischer Sprachen durch „Reaktionäre“, seltsame neue Verschmelzungen von Gemeinschaftsgeist und Gleichgültigkeit, Solidarität und Diskriminierung. Wie geht man mit dieser Situation, ihrer Komplexität und ihren Widersprüchen um? Werden wir gerade Zeugen der Geburt eines „liberalen“ oder „bürgerlichen“ Postfaschismus mit neuen Eigenschaften, der sich mit individuellem Unternehmertum und Privatleben vereinbaren lässt, Erbe eines „weichen“ faschistischen Vermächtnisses der Zwischenkriegszeit? Könnte es sein, dass Europa schon seit Jahrzehnten Geisel eines postfaschistischen Zustandes ist? Kann man solche pauschalen Verallgemeinerungen überhaupt vornehmen, wenn man über die alltäglichen „Mikrofaschismen“ sprechen will, die in unseren Leben am Werk sind, und darf man diese darüber hinaus überhaupt als „Faschismen“ bezeichnen? Oder gibt es so etwas wie ein „postfaschistisches“ Geschäftsmodell, zu dem innereuropäischer Kolonialismus, Demografie und Migration gehören und das sowohl in die materielle als auch in die intellektuelle Geschichte eingeschrieben ist? So lauten einige der vielen irritierenden Fragen, die während Our Little Fascisms diskutiert werden. Ausführliche Einzelgespräche gewähren dabei konzentrierten Einblick in das Denken der Referent*innen über Gegenwart und Vergangenheit. Häufig gestellte Fragen und unterschiedliche Auffassungen werden bei Podiumsdiskussionen, bei denen alle Teilnehmer*innen zusammenfinden, weiter vertieft.

28.9., 18:00–21:00

29.9., 11:00–18:30

Orpheum
Orpheumgasse 8
8020 Graz

Google Maps

Englisch und Deutsch mit Simultanübersetzung

Freier Eintritt

Mit:
Lars Cuzner
Tobias Ginsburg
Ishay Landa 
Ewa Majewska
Renata Salecl
Tiago Saraiva
Oxana Timofeeva
Nikola Vukobratović
und anderen

Anschließend
Performances von Mazzaj & Ausländerbehörde und Oliver Zahn/HAUPTAKTION

Einführung von Ekaterina Degot (Intendantin und Chefkuratorin, steirischer herbst, Graz) und David Riff (Kurator für Diskurs, steirischer herbst, Graz/Berlin)

28.9.18
18:00–19:00 Einleitung: Ekaterina Degot & David Riff
19.00–21:00 Interviews und Diskussionen mit Ishay Landa & Nikola Vukobratović
Moderation: David Riff

22:00 Mazzaj & Ausländerbehörde – Integrationskurs

29.9.18
11:00–11:30 Einleitung
11:00–13:00 Interviews und Diskussionen mit Ewa Majewska & Renata Salecl
Moderation: Ekaterina Degot

13:00–14:00 Mittagspause

14:00–16:00 Interviews und Diskussionen mit Tiago Saraiva & Oxana Timofeeva
Moderation: David Riff

16:00–16:30 Kaffeepause

16:30–18:30 Interviews und Diskussionen mit Tobias Ginsburg & Lars Cuzner
Moderation: Dominik Müller

19:00 Oliver Zahn / Hauptaktion – Situation mit ausgestrecktem Arm – Essayperformance 

Lars Cuzner (1974, Södertälje, Schweden) ist ein kontrovers diskutierter Künstler in Schweden, der für seine Performances, Installationen und Videos bekannt ist. Er ist Gründer der Intelligence Party, einer politischen Gruppierung, die sich dafür einsetzt, das Wahlrecht auch für alle Nichtstaatsbürger*innen in Europa einzuführen. Er lebt in Oslo.

Tobias Ginsburg (1986, Hamburg) ist Theaterregisseur und Autor. Er interessiert sich für die dunklen Seiten der deutschen Geschichte. Sein Buch Die Reise ins Reich erschien 2018.

Ishay Landa (1969, Haifa) ist Historiker. Im Mittelpunkt seiner Forschung steht die Geschichte des Faschismus, dessen gesellschaftlichen und kulturellen Vorbedingungen sowie dessen Wurzeln im europäischen Liberalismus. Er arbeitet als Associate Professor an der Open University Israel. Er wohnt in Petah Tikva, Israel.

Ewa Majewska (1978, Gdynia, Polen) ist Kulturphilosophin. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind feministische Theorie, schwacher Widerstand und Gegenöffentlichkeiten. Sie arbeitet als Assistenzprofessorin am Fachbereich Liberal Arts an der Universität Warschau. Majewska lebt in Warschau.

Renata Salecl (1962, Slovenj Gradec, Slowenien) ist Philosophin, Soziologin und Rechtstheoretikerin. In ihren Arbeiten verknüpft sie Rechtswesen, Kriminologie und Psychoanalyse. Sie ist Professorin am Birkbeck College der Universität London. Sie lebt in London und Ljubljana.

Tiago Saraiva (1972, Lissabon) ist Wissenschaftshistoriker, dessen neuestes Buch Fascist Pigs: Technoscientific Organisms and the History of Fascism (2016) sich mit Kolonialismus, Faschismus und deren Auswirkungen auf die Zirkulation von Technologien und Waren beschäftigt. Er lebt in Philadelphia.

Oxana Timofeeva (1978, Schu, Kasachstan) ist Philosophin und Mitglied der Künstlergruppe Chto Delat. Sie hat zahlreiche Veröffentlichungen zum Aufstieg des Autoritarismus in Russland unter Putin publiziert. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ihrer Arbeit ist die Tierphilosophie. Sie lebt in St. Petersburg.

Nikola Vukobratović (1985, Koprivnica, Kroatien) ist Historiker, Journalist und Herausgeber des linken Web-Magazines Bilten.org. Er arbeitet vorallem zu historischen antidemokratischen und heutigen rechtsextremen Bewegungen. Er lebt in Zagreb.

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