[DE] Seltsam unaufdringlich, wenn nicht über die Maßen zurückhaltend, wirkt das ehemalige Hotel International, einer der schönsten Bauten der Zwischenkriegsmoderne in Graz. Entstanden ist es 1928 bis 1930 als zweites und letztes Grazer Projekt von Hubert Gessner, dem führenden Architekten des sozialen Wohnungsbaus im Roten Wien. Das Hotel rundete ursprünglich eine größere Anlage von Verwaltungsgebäuden und Gemeinschaftseinrichtungen der Sozialdemokratischen Partei ab, die von 1919 bis zum Staatsstreich Dollfuß’ 1934 in Graz regierte. Auf den ersten Blick scheint das Hotel mit seinen – nachempfundenen, aber deshalb nicht weniger eleganten – vertrauten Rundungen des Neuen Bauens dem Anspruch seines Namens gerecht werden zu wollen: Seine Form lässt mit dem imposanten kreisrunden Eckturm an einen zur Festung umgebauten Ozeandampfer denken. Diese Form verstand sich erkennbar als das Fanal einer sozialistischen (oder sozialdemokratischen) Moderne. Es fällt nicht schwer, in Gedanken eine rote Fahne von diesem Turm wehen zu sehen, auf der unmittelbar nächstliegende, längst nicht mehr vorhandene Errungenschaften wie das preiswerte Arbeiterhotel und ein Versammlungssaal angepriesen werden. Zugleich vollzog dieser Bau weitaus nicht den Bruch mit der Substanz dieser großteils bürgerlichen Stadt, den man von kompromisslos moderner Architektur hätte erwarten können. Seine Art-déco-Maße sind klassisch genug, um selbst den konservativsten Kritiker zu besänftigen. (Und so wurde das Haus sogar vom Vorsitzenden des Heimatschutzvereins dafür gelobt, dass es sich respektvoll in das Grazer Stadtbild einfüge.) Die Verschmelzung von konservativer Fassade und moderner Grundform verbindet das Hotel International mit den anderen, älteren Teilen des Ensembles. Sie war Ausdruck des traditionalistischen Leitbilds der österreichischen Sozialdemokratie in der Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.
[EN] There is something unobtrusive and even understated about the former Hotel International, one of the finest examples of interwar modernist architecture in Graz. Built in 1928–30 as the second and final building here by Hubert Gessner, the leading architect of the social housing movement known as Red Vienna, it rounds off a larger ensemble of administrative and community buildings of the Social Democratic Party, in power in Graz from 1919 right up to the Dollfuß coup in 1934. At first glance to make good on its name, with familiar international-style modernist curves — derivative but no less graceful for it. Its form suggests an ocean liner turned citadel, with a commanding circular turret on top, making it recognizable as a beacon of socialist (or social democratic) modernity. One could imagine a red flag flying from this tower, proudly advertising facilities, now long defunct, including an inexpensive workers’ hotel and a meeting hall for events. Yet at the same time, the building does not really cut into this art-deco largely bourgeois city as a more radically modernist building might. Its art deco proportions are classical enough to satisfy even the most conservative commentator. (When it was built, it was even applauded by the head of the local urban conservator’s club, Verein für Heimatschutz, a traditionalist, for respecting Graz’s urban structure.) That fusion of outer conservatism and modernized form is something it shares with other, earlier buildings in the same ensemble, conveying the traditionalist orientation of Austrian social democracy in the years before and after World War II.