[DE] Die Triester Straße führt durch Grazer Vororte und war schon früh eine verkehrsreiche Handelsverbindung zwischen der österreichischen Hauptstadt Wien und dem Seehafen Triest. Hier entstanden am damaligen Stadtrand auf brachliegendem Land die ersten Arbeitersiedlungen als notdürftige Häuser mit Selbstversorgergärten. Erst nach dem Ersten Weltkrieg ging man daran, die oft grimmigen Lebensbedingungen in diesen Siedlungen zu verbessern. Seit den Erfolgen der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie in Österreich – vor allem im „Roten Wien“, in geringerem Maß aber auch im „Roten Graz“ unter dem langjährigen Bürgermeister Vinzenz Muchitsch – genoss der soziale Wohnungsbau eine politische Priorität, an der sich bis heute nichts geändert hat. Die ersten beiden Bauabschnitte der Triestersiedlung entstanden in den 1920er-Jahren nach dem Vorbild der Wiener „Volkswohnpaläste“ zwar in kleinerem Maßstab, aber ebenso mit großzügigen Innenhöfen und Gemeinschaftseinrichtungen. Es folgten Doppelhäuser mit Gärten für die Eigenversorgung. Sie wurden von den künftigen Bewohner*innen selbst mit bereitgestellten Materialien und nach standardisierten Entwürfen des Architekten Eugen Székely errichtet, der kurze Zeit später nach Palästina auswanderte. Erst nach Fertigstellung entschied ein Losverfahren über die Zuteilung der neuen Einheiten. Nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde der Bau von Sozialwohnungen fast ohne Unterbrechung fortgesetzt. Auch die Triestersiedlung wurde erweitert, jedoch um Mehrfamilienhäuser von geringerer Qualität. Gleich nebenan entstand die Südtiroler-Siedlung für Familien, die aus Italien oder Slowenien „heim ins Reich“ übersiedelten. Nach dem Krieg baute man in dieser Gegend weitere Wohnungen für Geringverdiener*innen, und das Viertel gewann mit jeder neuen Einwanderungswelle aus Südosteuropa oder noch ferneren Gegenden an kultureller Vielfalt.
[EN] Triester Straße once was a busy causeway, part of the trade route stretching from the capital of Vienna to the seaport of Trieste, and it leads through the outskirts of Graz. It was here, on the periphery of the city, that the first workers’ settlements sprung up in late 19th and early 20th centuries, occupying empty lots with precarious housing and small subsistence gardens. It was only after World War I that anything was done to address the often dire conditions that persisted in these areas. With the rise of the workers’ movement and social democracy in Austria—especially in so-called “Red Vienna” and to a lesser extent in “Red Graz” under the long-serving mayor Vinzenz Muchitsch—housing policy emerged as a political priority and has occupied the forefront of local politics ever since. The first two blocks of the Triestersiedlung were built in the 1920s, bearing similarities to the Volkswohnpaläste (people’s residential palaces) of Vienna, albeit on a smaller scale, with spacious courtyards and shared communal facilities. Construction continued in the early 1930s, with twin houses and gardens for subsistence farming. Buildings were constructed by their future inhabitants with centrally provided materials and according to standardized plans by Eugen Székely, who emigrated to Palestine one year later. When finished, the builders drew lots for their new homes. After the Anschluss, the construction of social housing continued under National Socialism, barely missing a beat. The Triestersiedlung was expanded, although with residential blocks of lesser quality, and the Südtiroler-Siedlung was built close by to house those who “came home to the Reich,” leaving their homes in Italy or Slovenia. After the war, the area continued to provide low-income housing to a community that has become increasingly diverse in recent years with new influxes of migration from South-Eastern Europe and further afield.